Home / True Eyewear Blog /

AO-Meisterausbildung: Spitzenklasse – in allen Disziplinen?

August 2025

AO-Meisterausbildung: Spitzenklasse – in allen Disziplinen?

Mein Wunsch: Meisterausbildung nicht nur fachlich, sondern auch konzeptionell denken

Fachkompetenz ist super – noch wichtiger ist, was man daraus macht.

Der stärkere Fokus auf Optometrie & Co. in den Prüfungen ist wichtig und zeitgemäß. Aber was ändert sich für diejenigen, die ihre Zukunft nicht ausschließlich in Refraktion, Optometrie und/oder KL sehen? Sie brauchen darüber hinaus hochwertigen Input, um ihre individuelle Zukunft in der Branche oder vielleicht sogar ein eigenes Unternehmen zu gestalten. Wird es zukünftig ausreichend Inspirationen und Lehrinhalte auch für diese Gruppe geben?

Warum diese Frage uns alle etwas angeht

Die Meisterausbildung hat einen gewichtigen Einfluss darauf, wie sich unsere Branche zukünftig entwickelt. Die neue MPVO, die ab dem 1. Juli 2026 in Kraft tritt, geht auf die neuen Tätigkeitsfelder in den Fachdisziplinen ein – das ist wichtig und richtig. Aber sie sagt nichts darüber, wie Optiker:innen mit Meistertitel die Branche als Unternehmer:innen oder Gestalter:innen bereichern können – wenn sie es denn wollen. Genau das aber ist entscheidend, um die Augenoptik in Deutschland vielfältig, individuell und zukunftsfähig zu halten.

Was ändert sich? Die Fakten auf einen Blick

Praktische Prüfung:

Weg mit der Brillenanfertigung – sie bleibt der Gesellenprüfung vorbehalten. Stattdessen:Pflichtteile: vollständige Kontaktlinsenanpassung, Refraktionsbestimmung, optometrische Prüfverfahren, BinokularprüfungNeue Situationsaufgabe: komplexe optometrische Fälle, Binokulartests & Bewertung fertiger Sehhilfe

Theorie: 

Statt vier Handlungsfelder nur noch drei. Fachwissen wird vertieft, Betriebswirtschaft gebündelt – fachliche Kompetenz wiegt jetzt (noch) schwerer als betriebliche Inhalte.

Was die neue Gewichtung für BWL & Marketing bedeutet

Der betriebswirtschaftliche Bereich bleibt – er ist nur im neuen Teil III gebündelt. Wer sich für Unternehmensführung und Marketing interessiert, kann weiterhin viel mitnehmen, sofern die Anbieter den Stoff hochwertig vermitteln.

Doch das Signal ist eindeutig: Zwei Drittel der Note entfallen künftig auf Fachkompetenz in Theorie und Praxis. Für viele heißt das unbewusst: „Das ist wichtiger.“ Die Gefahr: Lernende investieren weniger Energie in BWL und Marketing, Anbieter kürzen Inhalte auf das Prüfungsminimum, um mehr Zeit für die gewichtigen Fachthemen zu schaffen.

Gerade in einem Beruf, in dem unternehmerische Freiheit möglich – und nötig – ist, brauchen wir aber mehr als nur ein Pflichtfach BWL. Wir brauchen die Kompetenz, tragfähige, kreative Unternehmenskonzepte zu entwickeln und/oder sie praktisch umzusetzen – egal ob als Unternehmer:in oder Mitarbeiter:in.

Tradition kann Entwicklungen auch hemmen, obwohl die Augenoptik großes Potential für mehr Vielfalt besitzt.

Wo ich zustimme – und wo ich denke, dass etwas fehlt

Pluspunkte:

  • Die Spezialisierung auf Optometrie und Kontaktlinsen ist zukunftsweisend.
  • Der neue Situationsbezug macht die Prüfung realistischer und professioneller.

Aber – was fehlt:

  • Ein strategischer Fokus für diejenigen, die nicht „nur“ Fachkräfte, sondern Gestalter:innen werden wollen, möglicherweise sogar Unternehmer:innen mit individuellen Konzepten und einer klaren Vision.
  • Ein Ausbildungsteil, der Gründungskompetenz, kreative Positionierung und konzeptionelle Leitung von größeren Unternehmen oder Einheiten umfasst.
  • Raum in der Meisterprüfung für eigenständiges Denken jenseits der Routine – die Kernaufgabe für die Branche von morgen.

Mehr Inspiration und "out-of-the-Box" Strategien würden der Augenoptik gut tun.

Die Augenoptik braucht mehr als exzellente Fachkompetenz in Führungspositionen - das gilt erst recht für zukünftige Unternehmer:innen.

Eine theoretische Stärke unserer Branche ist die Möglichkeit, Fachwissen, menschliche Interaktion und Gestaltungskraft individuell zu mischen und charakterstarke Unternehmen zu formen und weiterzuentwickeln. Unabhängige Augenoptiker genießen eine große unternehmerische Freiheit – nutzen sie aber heute schon zu wenig.

Wenn wir künftig „noch stärker“ klinisch, präzise und optometrisch ausbilden, verkümmern diese Elemente noch mehr. Die meisten Optiker erleben in ihrer gesamten Berufslaufbahn kaum Menschen, die ein vom traditionellen Muster abweichendes Berufsbild leben - und damit inspirieren, eigene Stärken und Vorlieben einzubringen.

Mit der neuen Meisterprüfungsverordnung (MPVO) wird diese Entwicklung forciert – und es wird kein Angebot gemacht, diesen eindimensionalen Weg aufzubrechen und Alternativen aufzuzeigen.

Mein Wunsch: Diejenigen, die eigene Konzepte entwickeln wollen, brauchen jetzt Raum in der Ausbildung, wo man sich risikolos gedanklich austoben kann – nicht erst später auf dem Markt.

Bist Du selbständig, in verantwortlicher Position oder möchtest es werden?

Oder bist du ein Mitarbeiter mit einem Rebel-Mindset?

Hier meine Impulse, um gängige Denkmuster zu hinterfragen:

(völlig unabhängig von der Meisterausbildung bzw. -prüfung)

  • Frag Dich selbst oder Deine Mitarbeiter:innen: Entwickelst Du ab und zu neue Ideen für Dein Geschäft – und setzt Du sie auch um?
  • Unterstütze die Meister:innen und motivierten Gesellen bei ihrer Entwicklung vom Fachmann/Fachfrau zu Führungspersönlichkeiten und Gestaltern.
  • Geh in den Austausch mit Gleichgesinnten, die ebenfalls mehr wollen als Mainstream – und hab keine Angst vor „Betriebsspionage“.

Und jetzt bist Du dran:

Findest Du diese Perspektive wichtig oder glaubst Du, dass Fachkompetenz über allem steht? Teile diesen Newsletter gerne mit Kolleg:innen, diskutiere mit - oder melde Dich bei mir, wenn Du Dich austauschen möchtest.

Auswahl (0)

Wir verwenden Cookies zur Verbesserung der Website-Erfahrung und der Erfassung anonymisierter Statistiken.

Datenschutzerklärung